Die Texte sind im Rahmen des Seminars der Europa-Universität Flensburg entstanden. Die Studierenden rezensieren wissenschaftliche Literatur zum Thema Digitale Medien und/oder Inklusion und übertragen die Inhalte auf einen diklusiven Unterricht. Die Meinung der Autoren muss sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Seitenbetreiberin decken.
von einer anonymen Autorin (sie ist der Seiteninhaberin bekannt)
Lernen im digitalen Zeitalter. In: Erziehungssystem, Lehrerbildung, Lernen, Neue Medien, Schulentwicklung.
Nach dem ARtikel von Lisa Rosa (2017), LINK, Aufgerufen am: 19.12.2019
Der wissenschaftliche Artikel „Lernen im digitalen Zeitalter“ von Lisa Rosa wurde 2017 veröffentlicht und fordert dazu auf, den Lern – und Wissensbegiff neu zu überdenken und ihn im Kontext der entwickelten Medienepochen zu betrachten (vgl. Rosa 2017).
Die Autorin beschreibt zu Beginn ihres Artikels die aktuelle Bedeutung von Medien innerhalb der Lehrerausbildung. Dabei stellt sie heraus, dass ein altes Verständnis des Medienbegriffs und den Medien im Kontext der Unterrichtsplanung besteht. Die Medien werden in der Unterrichtsplanung im letzten Schritt berücksichtigt und stehen damit ganz am Ende der Prioritäten. Daher werden von Lehrpersonen in der Regel „[…] [die] Medien als austauschbare Container [gesehen], in denen das Material [für die Schülerinnen und Schüler] ausgeliefert [werden kann]“ (ebd.). Dieses Denken widerspricht der Vorstellung vom eigentlichen Wesen der Medien. Sie sind keine leeren Behälterformen, durch die man Wissen ausliefern kann und stellen auch kein beliebiges Werkzeug dar, das am Ende der Unterrichtsplanung ausgewählt werden kann, sondern sie stehen in der Beziehung zu einer Kulturbezogenheit. Medien, die im Unterricht eingesetzt werden, wie zum Beispiel der Computer, sind zwar Werkzeuge, aber nicht nur, da sie zugleich Informationsüberbringer (Medium) sind und somit eine Form unserer Kommunikation darstellen (ebd.).
In der Postmoderne umfasst der Begriff des Mediums den gesamten geschaffenen Kulturraum von dem Medium selbst. Durch das Medium wird ein Kulturraum eröffnet und er entfaltet sich gleichzeitig. In diesem Kulturraum findet das Lernen von den Schülerinnen und Schülern statt (ebd.).
Innerhalb des Unterrichts oder der Unterrichtsplanung sollten die Medien daher in Form von verschiedenen Ebenen gedacht werden (siehe Abbildung 1).
Hierbei werden die Medien in Form ihrer verschiedensten Ebenen differenziert aufgefasst und bilden damit die Medienkonstellation, in der sich die komplexe Organisationsstruktur der vielen Medien wiederfindet (ebd.). Benutzt eine Lehrperson den OHP (Overhead – Projektor) im Unterricht, um einen Text zur französischen Revolution zu erarbeiten, so ergeben sich folgende Ebenen: die Ebene der Geräte stellt der OHP dar, die Ebene der Werkzeuge umfasst der Text oder auch die Sprache, während die sozietalkulturelle Ebene die Bedeutungszusammenhänge von Frankreich zu dieser Zeit darstellt oder den Diskurs umfassen kann.
Erst wenn die Lehrperson versteht, auf welchen Ebenen das eingesetzte Medium agiert und welche Konstellation dies ergibt, kann das Medium sinnvoll im Unterricht eingesetzt werden (ebd.). In der modernen Gesellschaftswissenschaft versucht man eine Vorstellung von Medien in Epochen zu erschaffen, um die historische Entwicklung des Menschen anhand der Mediengeschichte nachvollziehen zu können. So werden zum Beispiel die Epochen in der Abhängigkeit von den Entwicklungen der Medien gesehen. Die Entwicklung der Schrift, des Buchdruckes und später des Computers und des Internets hatten unterschiedliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Menschen und die Gesellschaft. Betrachtet man nun das Verständnis von Lernen und Wissen, so ist es logisch, dass sich je nach der Entwicklung der Medien auch das Verständnis von Lernen und Wissen verändert hat (ebd.)
Die Erarbeitung oder das Erlernen von Wissen steht immer im direkten Bezug zum Lernenden und hat damit immer eine persönliche Bedeutung für den Lernenden selbst. Die Wissensproduktion findet nicht nur im Lerner selbst statt, sondern ist gekoppelt an den sozialen Raum und dessen Austausch, in dem der Lerner sich befindet. Daher ist Wissen immer kontext – und perspektivabhängig. Wissen wird heute als eine ununterbrochene(r) Kommunikation oder Austausch aufgefasst, in dem es um Informationsbedeutungen geht (ebd.). Durch den medialen Fortschritt, vor allem durch das Internet, ist das potenzielle Wissen sehr schnell und fast immer verfügbar. Der Lernende kann über die verschiedensten und zahlreichen Informationen über einen Wissensgegenstand verfügen. Dabei ist die Urteilskraft des Lerners gefordert, da der Wissensgegenstand ungefiltert hinsichtlich der Zuverlässigkeit auf ihn einwirken kann. Jeder muss folglich also, um die Zuverlässigkeit von den abgerufenen Informationen beurteilen zu können, mehr Wissen haben, als es noch in der vorherigen Medienepoche der Fall war. „Nicht mehr die einzelnen Inhalte stehen im Vordergrund, sondern die Fähigkeiten, solche Inhalte selbst zusammenzusuchen, sie untereinander mit persönlichem Sinn in Beziehung zu setzen [und zu verstehen], zu beurteilen und selbst zu produzieren“ (ebd.). Genau dieser Schwerpunkt wird auch im 4 – K – Modell aufgegriffen. In den Bereichen der Kreativität und dem des kritischen Denkens wird die beschriebene Kompetenz wiedergespiegelt (vgl. Muuß – Merholz 2017).
Durch den medialen Wandel änderte sich nicht nur die Auffassung von Wissen, sondern auch das Lernverständnis. Hierzu hat Lisa Rosa eine Grafik (siehe Abbildung 2) erstellt, in der sie die Medienepochen des Buchdruckes und der des digitalen Zeitalters hinsichtlich des Lernverständnisses
gegenüberstellt (vgl. Rosa (2017)). Entscheiden hierbei ist, dass sich zwei unterschiedliche Denkmodelle bezüglich des Lernverständnisses ergeben. Im Buchdruckzeitalter wird Lernen aufgrund der gegebenen Medien als Form des „Büffelns“ aufgefasst, während heute es eher ein „Rauskriegen“ ist (ebd.).
Im Alltag außerhalb der Schule ist das neue Lernverständnis durch die mediale Entwicklung bereits vollständig etabliert. Es ist ein neues Lernverständnis, in dem die aktuellen Medien genutzt werden, „[…] um problemorientiert, autodidaktisch und im Austausch mit Anderen nach seinem [eigenen] persönlichen Sinn zu lernen“ (ebd.). Diese gegenwärtige Auffassung und der Umgang mit Lernen und Wissen sind in der Schule noch nicht angekommen, geschweige denn umgesetzt. Dies liegt vor allem in der Schwerfälligkeit von Institutionen sich den historischen Veränderungen anzupassen (ebd.).
Für den inklusiven und digitalen Unterricht bedeutet die Erkenntnis des neuen Wissens und Lernbegriffes im Kontext der Medienepochen ein fundamentales Umdenken hinsichtlich der Unterrichtsplanung und Gestaltung. Das Medium dient als eine Form der kulturellen Vermittlung, als Hilfsgegenstand für die Erschließung des Lerngegenstands (ebd.). Gliedert man das Medium in seine einzelnen Ebenen auf, so ergeben sich neue Erkenntnisse über die gegenseitige Beeinflussung zwischen den Ebenen, sodass zum Beispiel die App „WDR – AR“ im Kontext des Geschichtsunterrichtes spezifischer und zielführender eingesetzt werden könnte.
Mit dem Bewusstsein, dass die Wissensproduktion immer Lerner orientiert ist, ergibt sich die Implikation eines individualisierten Unterrichtes. In dem Unterricht soll jeder Lerner die Chance haben, sich auf eine individuelle Art und Weise mit dem Lerngegenstand im sozialen Raum der Klasse bzw. des Unterrichtes auseinandersetzen zu können. Die Schülerinnen und Schüler müssen eine angemessene Lernumgebung von ihrer Lernperson gestellt bekommen, in der sie selbst mit dem Lerngegenstand agieren können und durch erforschende, problemorientierte und kommunikative Aufgabenstellungen dazu angeleitet werden (ebd.). Neben dem individuellen Erarbeiten von Wissen und dem Prozess des „Herauskriegens“ im Sinne des Lernverständnisses der heutigen Medienepoche müssen Lehrpersonen eine umfassende Medienkompetenz vermitteln, mit der idealerweise jeder Lerner die Zuverlässigkeit seiner Informationen überprüfen kann.
Literatur:
Rosa, Lisa (2017): Lernen im digitalen Zeitalter. In: Erziehungssystem, Lehrerbildung, Lernen, Neue Medien, Schulentwicklung. Link Aufgerufen am: 19.12.2019
Muuß-Merholz, Jöran (2017): Die 4K -Skills: Was meint Kreativität, kritisches Denken, Kollaboration, Kommunikation? In: Jöran und Konsorten. Agentur für Bildung. Link Aufgerufen am: 27.12.2019