Diklusions-Expertin und Sonderschullehrerin

Schlagwort: Lehrerinnenbildung

KI und Inklusion am Beispiel von ChatGPT

Lea Schulz, online 17.02.2023

Inklusion und KI – ein spannendes und kontroverses Thema, das die Bildungslandschaft in Zukunft prägen wird. Wie kann Künstliche Intelligenz (KI) dazu beitragen, einen inklusiven Unterricht zu gestalten? Welche Chancen und Risiken bestehen? Im Folgenden werde ich meine Gedanken zu diesem Thema am Beispiel von ChatGPT zusammenfassen.

ChatGPT ist ein auf KI basierendes Chat-System, das Schüler:innen und Lehrkräfte bei der Wissensvermittlung und Lernunterstützung unterstützen kann. Es bietet personalisierte Lernmöglichkeiten und könnte somit ein wichtiger Baustein für inklusiven Unterricht sein. Doch welche Auswirkungen hat die Verwendung von ChatGPT auf die Schüler:innen und Lehrkräfte?

In diesem Beitrag werde ich eine Auswahl an Gründen aufzeigen, was ChatGPT in der Zukunft zu einem inklusiven Unterricht beitragen kann und welche möglichen Gefahren bestehen. Zudem möchte ich das Thema Bildungsgerechtigkeit beleuchten und die Bedeutung von ChatGPT für eine gerechte Bildung diskutieren.

Wenn auch du dich für dieses spannende Thema interessierst und erfahren möchtest, wie KI die Bildung revolutionieren könnte, dann lies unbedingt weiter. Im Anschluss an diesen Beitrag werde ich dir auch die Unterlagen vom Webinar bei Fobizz zur Verfügung stellen. Viel Spaß beim Lesen und Entdecken!

10 Gründe, was ChatGPT zu inklusivem Unterricht beitragen kann…

Diese 10 Punkte stellen nur eine kleine Auswahl dar, was ChatGPT zu einem inklusiven Unterricht beitragen kann.

  1. Individualisierung: ChatGPT kann Schüler:innen unterstützen, die unterschiedliche Bedürfnisse und Lernstile haben, indem es personalisierte Lerninhalte und Anweisungen bereitstellt.
  2. Anpassungsfähigkeit: ChatGPT kann Schüler:innen unterstützen, die in unterschiedlichem Tempo lernen oder unterschiedliche Niveaus haben, indem es individuelle Lernpläne erstellt und Anweisungen entsprechend anpasst.
  3. Multilinguale Unterstützung: ChatGPT kann Schüler:innen unterstützen, die nicht Deutsch sprechen oder die Deutschkenntnisse noch verbessern müssen, indem es Übersetzungen und Erklärungen in anderen Sprachen bereitstellt.
  4. Differenzierung: ChatGPT kann Lehrkräfte unterstützen, Texte oder Textausschnitte individuell zu differenzieren und verschiedene Texte zu gleichem Inhalt auf verschiedenen Niveaus zu erstellen.
  5. Verfügbarkeit und Konsistenz: ChatGPT ist rund um die Uhr verfügbar und kann Schüler:innen unterstützen, die Unterstützung und Antworten außerhalb der Unterrichtszeiten benötigen.
  6. Ressourcen: ChatGPT kann Lehrkräfte bei der Suche und Bereitstellung von Ressourcen für den inklusiven Unterricht unterstützen, wie z.B. nach alternativen Unterrichtsmaterialien oder barrierefreien Technologie.
  7. Beratung: ChatGPT kann Lehrkräften als Ideengeber zur Verfügung stehen, um Schüler:innen zu unterstützen, die spezielle Bedürfnisse haben, wie z.B. Schüler:innen mit besonderen Lernbedürfnissen oder herausforderndem Verhalten.
  8. Fortbildung: ChatGPT kann Lehrkräfte bei der Fortbildung für den inklusiven Unterricht unterstützen, indem es Inhalte zu verschiedenen Aspekten des inklusiven Unterrichts bereitstellt und zusammenfasst.
  9. Feedback: ChatGPT kann Lehrkräfte bei der Bereitstellung von Feedback für Schüler:innen unterstützen, indem es automatisierte Bewertungen und Rückmeldungen auf Hausaufgaben, Tests und Projekte bereitstellt, die dann durch die Lehrkraft individuell angepasst werden können.
  10. Effizienz: ChatGPT kann Lehrkräften dabei helfen, ihre Arbeit effizienter zu gestalten, indem es automatisierte Aufgaben wie Differenzierung von Texten, Bewertungen, Feedback und Korrekturen durchführt, was Zeit sparen und Lehrkräfte bei der Bewältigung ihrer Arbeit entlasten kann.

10 Gründe, welche Gefahr ChatGPT für Inklusion sein kann…

Es gibt einige potenzielle Bedenken bezüglich der Verwendung von ChatGPT in Bezug auf Inklusion:

  1. Fehlende menschliche Interaktion: Wenn Schüler:innen ausschließlich oder überwiegend auf ChatGPT angewiesen sind, um Unterstützung und Informationen zu erhalten, kann dies dazu führen, dass sie keine ausreichende menschliche Interaktion und persönliche Verbindung mit Lehrkräften und Mitschüler:innen erfahren.
  2. Fehlende Empathie: ChatGPT ist nicht in der Lage, die menschliche Empathie und Verständnis zu bieten, die Schüler:innen benötigen, um sich gehört und unterstützt zu fühlen.
  3. Mangelnde Anpassungsfähigkeit: ChatGPT ist nicht in der Lage, sich schnell genug an die Bedürfnisse von Schüler:innen anzupassen, die unvorhergesehene oder komplexe Probleme haben.
  4. Fehlende Flexibilität: ChatGPT kann Schüler:innen nicht die vollständige Flexibilität bieten, die sie benötigen, um ihren individuellen Lernbedürfnissen und -stilen gerecht zu werden.
  5. Mangelnde Sicherheit: Wenn Schüler:innen private Informationen über sich selbst oder ihre Familie teilen, besteht die Möglichkeit, dass ChatGPT diese Informationen nicht angemessen schützen kann.
  6. Fehlende kulturelle Sensibilität: ChatGPT ist (bisher) nicht in der Lage, auf kulturelle Unterschiede und Vielfalt zu reagieren, was dazu führen kann, dass bestimmte Schüler:innen benachteiligt oder diskriminiert werden.
  7. Verzerrte Daten: ChatGPT basiert auf großen Datenmengen, die von menschlichen Nutzer:innen generiert wurden. Wenn diese Daten verzerrt sind, zum Beispiel aufgrund von Vorurteilen oder Diskriminierung, kann dies zu einer Verzerrung der Ergebnisse von ChatGPT führen und damit zu weiteren Ungerechtigkeiten.
  8. Mangelnde Kontrolle: ChatGPT kann nicht alle Aspekte des Unterrichts abdecken und kann Schüler:innen nicht die volle Kontrolle über ihren Lernprozess geben.
  9. Technologische Probleme: ChatGPT kann von technischen Problemen betroffen sein, die die Verfügbarkeit und Funktionalität beeinträchtigen können, was Schüler:innen beeinträchtigen kann.
  10. Abhängigkeit: Wenn Schüler:innen zu sehr von ChatGPT abhängig sind, um Unterstützung und Informationen zu erhalten, können sie ggf. nicht die notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln, um unabhängig zu lernen und zu arbeiten.

KI und Bildungsgerechtigkeit

Inklusion in der Schule bedeutet nicht nur, dass alle Schüler:innen die gleichen Chancen erhalten, sondern auch, dass Bildungsgerechtigkeit gewährleistet wird. Jede:r Schüler:in sollte die Möglichkeit haben, sein oder ihr volles Potenzial zu entfalten, unabhängig von sozialer Herkunft, Geschlecht oder anderen Faktoren.

In Bezug auf den Zugang zu Bildung lassen sich beispielsweise folgende Argumente ins Feld führen:

  1. Zugang zur Bildung: ChatGPT kann Schüler:innen, die keinen einfachen Zugang zu Bildungseinrichtungen haben, aufgrund von geografischen Einschränkungen oder finanziellen Barrieren, einen einfachen Zugang zu (ggf. differenzierten) Lehr- und Lernmaterialien und Unterstützung ermöglichen.
  2. Unterstützung im Alltag: ChatGPT kann insbesondere Schüler:innen mit kognitiven Beeinträchtigungen Hilfen im täglichen Leben anbieten, wie Bewerbungen schreiben, E-Mails beantworten oder Briefe vom Amt verstehen und beantworten. Dies kann die Chancen der Teilhabe verbessern.
  3. Personalisierte Lernoptionen: ChatGPT kann Schüler:innen personalisierte Lernmöglichkeiten bieten, indem es Informationen, Anleitungen und Ressourcen bereitstellt, die auf ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmt sind, wenn die Schüler:innen diese lernen selbst abzurufen (z.B. „Kürze den Text in einfacher Sprache: ….“).
  4. Barrierefreiheit: ChatGPT kann barrierefreie Optionen bieten, indem es Schüler:innen, die Schwierigkeiten haben, gedruckte Materialien zu lesen, alternative Formate oder Übersetzungen anbietet.

Auf der anderen Seite kann ChatGPT jedoch gleichfalls zu Exklusionsmechanismen führen, wie z. B.:

  1. Bildungsungleichheit: ChatGPT kann die Kluft zwischen Schüler:innen, die über Zugang zu Technologie und digitalen Ressourcen verfügen, und denen, die dies nicht tun, vergrößern und damit die Ungleichheit in der Bildung verschärfen. Dies wird insbesondere dann verstärkt werden, wenn der Zugang zu KI-Systemen nur noch kostenpflichtig möglich ist.
  2. Mangelnde menschliche Interaktion: ChatGPT kann zu einem Mangel an menschlicher Interaktion führen.
  3. Abhängigkeit von Technologie: Schüler:innen, die zu sehr von ChatGPT abhängig sind, um zu lernen und Aufgaben zu erledigen, können sich weniger auf ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten verlassen und weniger selbstständig arbeiten.
  4. Verlust von Arbeitsplätzen: Wenn ChatGPT zunehmend eingesetzt wird, um automatisierte Aufgaben auszuführen, besteht die Möglichkeit, dass Mitarbeiter:innen, die normalerweise diese Aufgaben ausführen würden, ihre Arbeitsplätze verlieren könnten.

Im Folgenden möchte ich euch noch auf das Webinar hinweisen, dass ich bei Fobizz durchgeführt habe.

Webinar: „KI und Inklusion – Unterstützung durch ChatGPT“

Im Fokus dieses Webinars stand die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) als Mittel zur Unterstützung von einer Bildung für alle. Dafür wurden Beispiele vorgestellt, wie KI-Tools und -Methoden eingesetzt werden können, um alle Schüler:innen individueller und effektiver unterstützen zu können. Ebenso wurden Herausforderungen und ethische Aspekte von KI in der Schule in den Blick genommen mit Tipps und Anregungen für die Umsetzung im eigenen Unterricht. Insgesamt diente das Webinar als Impulsgebung zur Inspiration für die reflektierte Einsetzung von KI im Unterricht und somit die Teilhabe aller Schüler*innen an Bildung in der Schule zu verbessern und zu fördern.

Neben der Aufzeichnung des Webinars, welches ihr hier aufrufen könnt, wurde für die Teilnehmer*innen auch eine Pinnwand zum Thema „KI und Inklusion“ erstellt. Unter folgendem Link könnt ihr diese Aufrufen und gerne weiter ergänzen, mit weiteren Ideen, Kommentaren zu den bereist vorhandenen Beiträgen oder auch einem Feedback.

Diese Sammlung wurde beim Webinar zusammengestellt – schaut gerne rein und ergänzt:

Vortrag bei der Stadt Köln

Am 16. September 2022, durfte ich einen Online-Workshop bei der Stadt Köln halten: „Diklusion- was ist das und wie geht das? Digitalität für das gemeinsame Lernen nutzen“.

Ein Skechtnoter hat den gesamten Workshop visuell festgehalten, wobei dieses wundervolle Bild entstanden ist, dass ich mit euch teilen möchte. 

 

 

Diklusion bei den digitalen Bildungswochen 2022

Ich durfte gleich mit zwei Beiträgen bei den digitalen Bildungswochen aktiv sein und freue mich über das großartige Feedback der Teilnehmer:innen. An dieser Stelle möchte ich mit euch die Präsentationen teilen.

Beitrag 1 am 31.02.2022

 #Diklusion  – das iPad im digital-inklusiven Unterricht

Dies ist die Aufzeichnung:

Und die zugehörige Präsentation:

Beitrag 2 am 08.02.2022

Diklusive Sprachbildung: Tipps und Tricks

Hier ist die Aufzeichnung zu finden:

Und die zugehörige Präsentation:

Hier außerdem die digitale Pinnwand mit den Links zu Datenbanken mit Piktogrammen, Fotos, Zeichnungen usw. zur Visualisierung (nach links und rechts scrollen):

Außerdem möchte ich euch auch die Beiträge meiner Kolleg:innen rund um das Thema #Diklusion bei den Bildungswochen empfehlen:

Lernen für alle von Katarina Zaloudek

Lernen für alle: iPad als leistungsstarkes Tool bei Lernbesonderheiten:

Information: Die PPT sind nicht barrierefrei mit Alternativtexten hinterlegt. Es wird jedoch auf Youtube eine Aufzeichnung der Digitalen Bildungswochen geben, in der einzelnen Folien der Präsentationen erläutert werden.

Learntec 2022

Auf Einladung von Micha Pallesche durfte ich bei der Online-Learntec einen Vortrag mit dem folgendem Titel halten:

#Diklusion – Bildungschancen für alle Schüler:innen

Vortrag bei der Learntec 2022

Worum ging’s?

Digitale Möglichkeiten eröffnen einen Raum, individuellen Bildungschancen im Sinne eines diklusiven (digital-inklusiven) Unterrichts begegnen zu können. Gleichzeitig bieten diese bei einem Einsatz, der die individuellen Bedürfnisse und Lernvoraussetzungen der Kinder und Jugendlichen nicht berücksichtigt, ein hohes Potenzial der Spaltung. Die Chancen digitaler Medien für Formen des adaptiven Unterrichts, der die Potenziale aller Schüler:innen entfalten lässt, sind umfassend, werden im aktuellen Kontext jedoch weder von den Bildungseinrichtungen, noch von den Verlagen und Herstellern auf dem digitalen Markt ausgeschöpft. „Was wäre, wenn…?“ Dieser Frage werden wir nach einem Input in den Themenbereich Diklusion und dem digital-inklusiven Unterricht nachgehen.

#Diklusion von Lea Schulz
Das Logo der Tagung Inklusion Digital ist zu sehen, außerdem wird der Schriftzug "Inklusion digitale - Chancen und Herausforderungen inklusiver Bildung im Kontext von Digitalisierung, 28. September bis 1. Oktober 2021" angezeigt.

Haltung zeigen – #Diklusion in der Lehrerinnenbildung

Lea Schulz, 2021

Im Rahmen der Tagung „Inklusion digital! Chancen und Herausforderungen inklusiver Bildung im Kontext von Individualisierung“ an der Universität Köln durfte ich mich mit dem Thema „diklusive Haltung“ in der Lehrer:innenbildung einbringen.

Digitale Medien und Inklusion (#Diklusion) beschreiben zwei sich gegenseitig stützende Komponenten für eine neue Schulkultur, die vielfältige Chancen und Möglichkeiten für den Unterricht mit einer heterogenen Schülerschaft bietet.

In diesem Vortrag geht es um die Teilhabe durch Individualisierung mit digitalen Medien. Digitale Medien und Inklusion ergeben zusammen gedacht einen zeitgemäßen Unterricht in heterogenen Lerngruppen, der von passgenauem Unterricht durch Individualisierung geprägt ist. Assistiver Einsatz von Medien, Medien zur Strukturgebung, zur Individualisierung von Lernprozessen und zur Erhöhung der Selbstständigkeit unterstützen maßgeblich die Umsetzung inklusiver Bildungsprozesse. Anhand vielfältiger Praxisbeispiele sowie einer Einordnung in das Fünf-Ebenenmodell der diklusiven Schule werden die Optionen zur Verminderung von Bildungungerechtigkeit dargelegt.

Meine Präsentation stelle ich euch hier zum Download zur Verfügung:

Literatur

Schulz, L. (2021). Diklusive Schulentwicklung. Erfahrungen und Erkenntnisse der digital- inklusiven Multiplikatorinnen- und Multipli-katorenausbildung in Schleswig-Holstein». MedienPädagogik 41, (Inklusive digitale Bildung), 32–54.

Schulz, L. (2021). Lehren im diklusiven Unterricht. Stuttgart: Raabe-Verlag.

Schulz, L. (2020). Diklusion: Lernen mit digitalen Medien im diklusiven Unterricht. Stuttgart: Raabe-Verlag.

Schulz, L. (2020). Diklusive (digital-inklusive) Kompetenzen in der Lehrkräftebildung. Seminar 4/2020, S. 69-81.

Schulz, L. (2018). Digitale Medien und Inklusion. In Lütje-Klose, B., Riecke-Baulecke, T. & Werning, R. (Hrsg.): Basiswissen Lehrerbildung. Inklusion in Schule und Unterricht. Grundlagen in der Sonderpädagogik (S. 344-367). Seelze: Friedrich-Verlag.

„Diklusionssnacks – Fortbildungen für digital-inklusive Bildung“ – Vortrag an der WWU Münster

Lea Schulz, 2021

Im Rahmen der Online-Tagung „Diversität digital denken – the wider view“ habe ich einen Vortrag zu dem Fortbildungsmodell „Diklusionssnacks“ gehalten und ebenfalls ein Poster zum Fünf-Ebenenmodell eines digital-inklusiven Unterrichts erstellt. Gerne teile ich beides mit euch!

Vortrag „Diklusionssnacks – Fortbildungen für digital-inklusiven Unterricht“

Die bundesweiten Schulschließungen infolge der Corona-Pandemie haben vor allem Schüler:innen mit besonderen Herausforderungen ins Licht der Öffentlichkeit gerückt (Huber & Helm 2020). Geringe elterliche Unterstützung, fehlende Strukturen für das schulische Zeitmanagement, Probleme bei der Anwendung von Lernstrategien (Fischer, Fischer-Ontrup & Schuster 2020) und die Schwierigkeiten im Umgang mit digitalen Medien haben vorwiegend Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Lebensverhältnissen am inklusiven Unterricht gehindert. Die Teilhabe am Fernunterricht ist maßgeblich davon abhängig, wie kompetent ihre Lehrkräfte mit digitalen Medien umgehen. Im Beitrag wird dargestellt, wie die sonderpädagogischen Lehrkräfte während der Zeit der Pandemie durch ein kurzfristig eingerichtetes Online-Fortbildungsangebot, den Diklusionssnacks, in ihren digitalen Fähigkeiten bei der Umsetzung des Fernunterrichts Unterstützung erhalten haben und welche Ableitungen für die diklusive (digital-inklusive) Schulentwicklung daraus gezogen werden können (Schulz 2021). 

Der Vortrag wurde aufgezeichnet und kann hier angesehen werden:

Die Vortragsfolien stehen ebenfalls zum Download zur Verfügung:

Literatur

Fischer, C., Fischer-Ontrup, C. & Schuster, C. (2020) Individuelle Förderung und selbstreguliertes Lernen. In: Fickermann, Detlef [Hrsg.]; Edelstein, Benjamin [Hrsg.]: „Langsam vermisse ich die Schule …“. Schule während und nach der Corona-Pandemie. Münster ; New York : Waxmann, S. 136-152

Huber, G. & Helm, C. (2020) Lernen in Zeiten der Corona-Pandemie. In: Fickermann, Detlef [Hrsg.]; Edelstein, Benjamin [Hrsg.]: „Langsam vermisse ich die Schule …“. Schule während und nach der Corona-Pandemie. Münster ; New York : Waxmann, S. 202-215

Schulz, L. (2021). Diklusive Schulentwicklung. Erfahrungen und Erkenntnisse der digital-inklusiven Multiplikatorinnen- und Multiplikatorenausbildung in Schleswig-Holstein. MedienPädagogik 41, (Inklusive digitale Bildung), 32–54. https://doi.org/10.21240/mpaed/41/2021.02.03.X

Poster „#Diklusion – das Fünf-Ebenenmodell zu digitalen Medien in inklusiven Settings“

Des Weiteren habe ich zu dem Fünf-Ebenenmodell einer digital-inklusiven Bildung ein Post vorbereitet, dass ihr euch hier ansehen könnt. Es beinhaltet einen Überblick zur Entstehung des Modells.

drei Bildschimre und eine Lampe sind zu sehen. Auf den Bildschirmen ist ein Sprecher sichtbar - auf den anderen Bildschirmen viele Menschen in einer Vidokonferenz, viele haben als Hintergrund in der Videokonferenz eine Flagge eingefügt. Es sind pro Bildschirm ca. 50 Köpfe zu sehen

WELS Fachtagung vom 28. – 30.09.2021

„Diklusion – das Fünf-Ebenenmodell zu digitalen Medien und Inklusion für einen zeitgemäßen Unterricht“

Mit viel Freude habe ich Ende September an der internationalen Fachtagung WELSmain teilgenommen. Unter dem Titel „Innovation für Praxis. Innovation in Praxis.“ habe ich in meinen Vortrag die Aspekte des Fünf-Ebenenmodells einbringen und erläutern dürfen. Das Hauptaugenmerk lag auf dem Modell, Diklusion und einem zeitgemäßen Unterricht.

Diklusion ist ein Konglomerat aus digitalen Medien und Inklusion und beschreibt eine strukturelle Verknüpfung der beiden großen Herausforderungen der Schulentwicklung (Schulz 2021). Aus dem weit gefassten Inklusionsbegriff der UNESCO heraus betrachtet, sollte Diversität und Vielfalt wie auch der Einsatz digitaler Medien selbstverständlich in allen Schularten Beachtung finden. Das Ebenenmodell für digitale Medien in der inklusiven Schule (Schulz 2018) bietet dabei die Grundlage für die Umsetzung in der Praxis. Assistive Medien, Lernmedien, digitale Medien zur Kollaboration auf der Gruppenebene sind hierfür wichtige Grundlagen für das Lernen durch und mit Medien. Gleichzeitig werden die Vorteile des Lehrens mit digitalen Medien in den Fokus gerückt. Lehrkräfte können durch digitale Formen der Diagnostik, durch Software zur Unterrichtsvor- und -nachbereitung, durch die digitale Kommunikation und Vernetzung im multiprofessionellen Team bwz. in professionellen Lerngemeinschaften oder durch Open Educational Ressources (OER) in ihrer inklusiven Arbeit unterstützt werden. Gleichzeitig sollte die gesellschaftliche Ebene, das Lernen über Medien, die digitalen Medien zum Unterrichtsthema für eine Teilhabe und Partizipation an unserer digitalisierten Welt umgesetzt werden.

Literatur

Schulz, L. (2018). Digitale Medien und Inklusion. In B. Lütje-Klose, T. Riecke-Baulecke & R. Werning (Hrsg.), Basiswissen Lehrerbildung. Inklusion in Schule und Unterricht. Grundlagen in der Sonderpädagogik (S. 344-367). Seelze: Friedrich-Verlag. 

Schulz, L. (2021). Diklusive Schulentwicklung. Erfahrungen und Erkenntnisse der digital-inklusiven Multiplikatorinnen- und Multiplikatorenausbildung in Schleswig-Holstein. MedienPädagogik 41, (Inklusive digitale Bildung), 32–54. doi.org/10.21240/mpaed/41/2021.02.03.X

Wer Interesse an weiteren Informationen hat, findet hier die Präsentation.

Inklusion durch und mit digitalen Medien aus drei verschiedenen Blickwinkeln der Lehrer:innenbildung

Darüber hinaus durfte ich gemeinsam mit Dr. Elizabeth Watts und Stephanie Wolf M.A. den Themenbereich Inklusion durch und mit digitalen Medien beleuchten. Alle drei haben Seminare zum Thema digitale Medien und Inklusion gestaltet und haben bei der WELS dazu einen Beitrag aus drei Perspektiven der Lehrer:innenbildung eingebracht.

Inklusion und digitale Medien sind zwei enorme Herausforderungen für die Schule und damit auch für die Lehrer:innenbildung (vgl. Schulz 2021, Watts 2021). Der Erfolg der Umstrukturierung des Schulsystems in eine inklusive Lernumgebung hängt weitgehend von den einzelnen Maßnahmen der Lehrkräfte ab (EADSNE, 2012).  Studien haben wiederholt gezeigt, dass sich angehende Lehrkräfte nicht ausreichend vorbereitet fühlen, um inklusiv zu unterrichten (Shippen, et al, 2016). Ein digital gestützter Unterricht bietet die Möglichkeit, durch die Berücksichtigung der Bedürfnisse jedes einzelnen Lernenden differenzierte und individualisierte Lernangebote zu Vermeidung von Bildungsungerechtigkeit zu schaffen.

Im Vortrag wurden verschiedene Ansätze aus drei Perspektiven in der Lehrer:innenbildung vorgestellt: Sonderpädagogik, Erziehungswissenschaft und Fachdidaktik. In drei Seminaren an zwei verschiedenen Universitäten wurden Aspekte der Vernetzung von digitalen Medien und Inklusion in den Blick genommen: „Diklusion – Digital-inklusive Bildung in der Schule – Grundlagen und Anwendung“, „digital und inklusiv: differenziert Unterrichten mit digitalen Tools“, und „Angewandte Digitalisierung und Differenzierung für Naturwissenschaftsdidaktik„. In dem Beitrag wird ein Einblick in die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Veranstaltungsformate geboten und aufgezeigt, dass viele Wege nach Rom führen und wie wichtig es ist, dass Lehrer:innenbildung praktische Erprobungsräume öffnet. 

Wer über diesen Beitrag mehr erfahren möchte, findet hier die Präsentation.

Literatur

European Agency for Development in Special Needs Education (EADSNE). (2012). Teacher Education for Inclusion
Profile Of Inclusive Teach ers. In A. Watkins (Ed.). Odense, Denmark: European Agency for Development in Special Needs Education.

Schulz, Lea (2021). Diklusive Schulentwicklung. Medienpädagogik 41, 32-54. 2021. URL: medienpaed.com/article/view/1148/990 (Stand: 14.04.2021).

Shippen, M. E., Crites, S. A., Houchins , D. E., Ramsey, M. L., & Simon, M. (2016). Preservice Teachers‘ Perceptions of Including Students with Disabilities. Teacher Education and Special Education: The Journal of the Teacher Education Division of the Council for Exceptional Children, 28 (2), 92 99.

Watts, E. (2021) How practice oriented teacher training modules affect pre-service biology teachers’ views
on inclusive science education. Paper presented at NARST 2021 Conference.

Kultur der Diklusivität

ZEIT Unconference

Zum Vortrag „Diklusive Schulentwicklung“ am 20.05.2021 bei der ZEIT Unconference

Moderiert durch den großartigen René Fehrmann durfte ich am Donnerstag, 20.05.2021 für die ZEIT einen Vortrag zum Thema diklusive Schulentwicklung halten. Lange habe ich mit mir gerungen, ob ich das Thema ganz klassisch angehe – die Bereiche der Schulentwicklung aufzeige und die Bezüge zwischen der Entwicklung einer Kultur der Digitalität und der Inklusion – in Zusammenschau einer Kultur der Diklusivität – herausstelle. Doch ich wollte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen die wichtigste Grundlage der diklusiven Schulentwicklung hervorzuheben:

die diklusive Haltung

Zusammenfassend:

Hinter der Mähne

Corona hat uns blinde Flecken aufgezeigt – wie eine dicke Mähne, die uns vorher vor den Augen hing und nun zur Seite geschoben worden ist:

  • schlechte Ausstattung,
  • Schüler:innen arbeiten nicht zwingend von allein selbstreguliert,
  • Lehrkräfte sind für die Arbeit auf Distanz und mit digitalen Medien nicht gerüstet,
  • Infrastrukturen und Kommunikationskanäle funktionieren nicht,
  • und, welche Wunder: Bildungsbenachteiligte Schüler:innen sind… weiterhin bildungsbenachteiligt und die Verlierer des Systems

Wer hat, dem wird gegeben

Bildungsverlierer waren sie jedoch vorher schon. Der Matthäus-Effekt ist nichts Neues! Die Schüler:innen aus benachteiligten Familien erreichten schon bei PISA 2018 113 Punkte weniger auf der Leseskala als privilegierte Schüler:innen. Das macht ein Unterschied von ca. drei Schuljahren aus. Dieser Unterschied ist seit dem Jahr 2009 auch noch um 10% gestiegen, d.h. es ist keine Besserung in Sicht.

Hinzu kommt eine Verräumlichung sozialer Ungleichheit: Schüler:innen aus benachteiligten Familien ballen sich häufig an einzelnen Schulstandorten, die in der Öffentlichkeit gerne als sogenannte Brennpunktschulen betitelt werden.

Das schwarze Schaf

Eine wesentliche Problematik stellt zudem die Defizitorientierung von Lehrkräften in der SuS-Lehrer:innenbeziehung dar, die sich besonders bei bildungsbenachteiligten Schüler:innen negativ auswirkt.

Lehrkräfte führen ungünstige Leistungsentwicklungen nicht auf strukturelle gesellschaftliche Ungleichheit zurück, sondern einzig auf bereits vorher antizipierte kulturelle, ethische oder genetische Besonderheiten einer Gruppe oder auf das lernhinderliche Umfeld innerhalb des Familiensystems. So werden die bildungsbenachteiligten Schüler:innen das schwarze Schaf im schulischen System. Besonders schwierig wird es, wenn diese Einstellungen Teil der Schulkultur werden, insbesondere an Schulen in den oben benannten Ballungszentren.

Empirisch findet sich die geteilte Überzeugung, dass mit diesen Kindern und diesen Eltern und in dem Umfeld mit dem Lernen nichts zu machen sei (Hermann 2017).

Bei der Familie – kein Wunder.

Der hat zu Hause ja auch keine Unterstützung.

Da hilft halt nix.

Aus diesem Grund finden oft adaptive Formen von Unterricht erst gar nicht statt, die unterschiedliche Fähigkeiten sozialer und ethischer Gruppen als Potenzial oder Ressource nutzen könnten. Diese Form der Defizitorientierung, die an vielen Schulen auffindbar ist, wirkt sich auch auf das professionelle Handeln und die Selbstwirksamkeit aus (Valencia 2020).

Der Rollstuhl im Kopf

Spricht man Menschen auf das Thema Inklusion an, wird häufig nur eine Perspektive beleuchtet: Es geht um Schüler:innen mit Förderbedarf oder Menschen mit Behinderung. Bei Ansprache des Themas bei Schulleitungen führte die erste Reaktion häufig zu ersten Aussagen wie:

Dafür ist unser Schulgebäude gar nicht gemacht. Wie sollen die die Treppen hochkommen?

Wir würden das ja alles gerne machen – aber die Voraussetzungen sind uns nicht gegeben.

Das Kind im Rollstuhl, das am üblichen Schulleben teilhaben soll, scheint ein fest verankerter Prototyp zu sein, der die unüberwindbaren Treppen im Schulgebäude als Barriere in den direkten Zusammenhang stellt. Dass Inklusion doch so viel mehr ist, als die Ressourcenfrage oder die Barrieren im Gebäude – wird nicht immer in den Blick genommen. Der Raum bleibt dunkel.

Inklusive Schulentwicklung bedeutet für mich daher auch, diesen Raum zu beleuchten, ihn mit Leben zu füllen und gleichzeitig die Erfahrungen der Kolleg:innen ernst zu nehmen, Prototypen aufzubrechen und den Blick zu weiten.

Böse Medienwelten

Um den Blick nun wieder in die medialisierte Welt zu schwenken, kommt eine weitere Problematik hinzu, die gehäuft an minder privilegierten Schulen auftritt. Die Kontaktfläche zu digitalen Medien der Lehrkräfte ist an vielen Stellen negativ geprägt. Schon Schüler:innen in der Grundschule sehen Zombie-Filme, Jugendliche spielen Baller-Spiele oder verlieren sich in der Welt von Social Media. Tagtäglich werden Lehrkräfte mit den Auswirkungen von der nicht kindgerechten Nutzung von digitalen Medien aus dem Alltag der Kinder konfrontiert und stehen oft hilflos davor. Elterngespräche führen häufig in die Sackgasse, Aufklärung hilft aus der gefühlten Subjektivität heraus wenig. Bildungsbenachteiligten Schüler:innen verbringen viel Zeit mit Gaming und das bleibt den Lehrkräften ein Dorn im Auge. Das Bedürfnis den Kindern einen Zugang zur Natur, zur Realität und zur Gesellschaft und zum „wahren Leben“ zu schaffen, ist groß und von viel Idealismus geprägt. Zu verstehen, dass die virtuelle Welt ein Teil der Sozialisation der Schüler:innen ausmacht und sich ihre Identität ebenfalls maßgeblich in dieser Welt ausbildet, ist nicht allen Lehrkräften bewusst. Der negative Einfluss digitaler Medien in ihrem schulischen Alltag führt zu einer Einstellung, dass besonders DIESE Kinder (welche auch immer das sind) – nicht auch noch in der Schule mit digitalen Medien konfrontiert werden sollten.

Kultur von was?

Zusammenfassend kommt es in einigen Schulen zu einer diklusiven Haltung geprägt von:

  • einer defizitorientierten Haltung („da ist nichts mehr zu machen“),
  • einem negativen Verhältnis zu digitalen Medien („diese ganzen Spiele machen hier alles noch schlimmer“),
  • gewürzt mit einem eingeschränkten Blick auf Inklusion („Die kommen ja nicht mal die Treppe hoch.“).

Diese Form der diklusiven Haltung vereint sich speziell in den Gebieten, in denen bildungsbenachteiligte Schüler:innen gehäuft in bestimmten Schuldistrikten sitzen. Wird das Versagen vorrangig bei den Familien und den Umständen im häuslichen Umfeld der Schüler:innen verortet, so erscheint eine inklusive Schulentwicklung und auch das Einlassen auf neue Technologien sinnlos. Es entsteht ein Teufelskreis: niedrige Anforderungen der Lehrkraft führen zu Misserfolgen beim Lernen der Schüler:innen und dies wiederum zum Absinken von Motivation. Self-fulfilling prophecy…

Klasse – dann haben wir die Schuldigen ja gefunden: die Lehrkräfte!

Nein. Die (Weiter-)Entwicklung einer diklusiven Haltung ist Teil unserer beruflichen Professionalität und sollte selbstverständlich auch Teil der Schulentwicklung sein. Dennoch ist es zu einfach, die Verantwortung zunächst von den schwierigen häuslichen Situationen auf die mangelhafte Haltung der Lehrkräfte abzuschieben. Die Bildungssystementwicklung muss systematisch stattfinden und vorangetrieben – revolutioniert werden. Und selbstverständlich braucht Inklusion auskömmliche Ressourcen und vor allem Zeit – Zeit, um sich mit Schulentwicklung und mit der eigenen Haltung, mit den Werten der gemeinsamen Schule auseinanderzusetzen.

Diklusive Schulentwicklung bedeutet in erster Linie eine kontinuierliche Arbeit an einer diklusiven Haltung.

Lea Schulz, 2021

Die Kultur der Diklusivität

Digitale und inklusive Haltungen generieren sich aus Erfahrungen – aus Reflexion – in Auseinanderseztung mit den eigenen blinden Flecken, mit einem Perspektivwechsel. Ein systematischer Aufbau von Bildungsaufstiegen und Erfolgen anhand eines adaptiven und schülerzentrierten Unterrichts mit der gleichzeitigen Etablierung und eines Verständnisses von digitalen Medienwelten und den digitalen Praktiken der Schüler:innen. Die Forschung zeigt deutlich, dass hohe Leistungserwartungen der Lehrkräfte und ihr Zutrauen in die Lernfähigkeit (z.B. Hattie 2013) dazu führt, dass Lernprozesse gelingen können.

Wir brauchen damit nicht nur eine Form von Digitalisierung – sondern eine Kultur der Diklusivität im Schulalltag. Eine Schule in der Diversität und Inklusion sowie die Teilhabe an und mit Medien selbstverständlicher Teil des Schullebens darstellt. In der eine hohe Achtung untereinander und ein gutes Schulklima herrscht, das nicht von Leistungsdruck und Aussonderung geprägt ist. Multiprofessionelle Teams sollten neben einer gut ausgestatteten Ganztagsschule zum Alltag gehören. Die Schule ist nicht mehr ein Ort des Wissens, sonder ein Ort des Lernen, der Kooperation und Kommunikation unter Teilhabe aller Schüler:innen. Die digitalen Medien können in Zukunft der Schlüssel für die tatsächliche Umsetzung der inklusiven Schule sein, was wohl einen Paradigmenwechsel der Unterrichtsdidaktik und -methodik nach sich zieht, die die Potenziale digitaler Technologien zur Teilhabe aller Schüler:innen noch auszuschöpfen lernen muss.

5 Thesen zur (Weiter-)Entwicklung einer diklusiven Haltung

Die Haltung einer Lehrkraft entwickelt sich ein Leben lang. Die reflexive Auseinandersetzung mit den eigenen Praktiken, Erfahrungen und der gemeinsame Austausch führen dazu, dass eine diklusive Schulkultur nicht nur ein ferner Stern am Himmel ist.

  1. Biografien & blinde Flecken
    Die eigene Biografie, die eigenen Erfahrungen mit Diversität, der Umgang mit dem Anderssein und die persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse mit digitalen Medien führen zu einer bestimmten Haltung. Aktive Biografiearbeit und (kollegiale) Reflexion helfen bei einem Perspektivwechsel. Das permanente und kontinuierliche Aushandeln von Werten und Zielen für die diklusive Schule sollten Teil einer aktiven Schulentwicklung sein.
  2. Partizipativ & gemeinsam
    Schulentwicklung sollte gemeinsam mit allen am Schulleben beteiligten Akteuren geschehen. Jugendliche sollten zu Experten gemacht werden, verschiedene Professionen in der Schule zeigen verschiedene Perspektiven auf und eine gemeinsame Offenheit führt zu einer Kultur des Teilens und gemeinsamen Entwickeln. Insbesondere, wenn die Schüler:innen uns ihre Medienwelt erklären, werden die Lehrkräfte ggf. ganz neue Erfahrungen sammeln. Die Schaffung einer Schulkultur wird nur interdisziplinär zu lösen sein.
  3. Kreativ & offen
    Eine freie Fehlerkultur führt zu kreativer Freiheit aller. Respekt, Akzeptanz untereinander ist nicht nur ein wichtiger Aspekt im Klassenraum, sondern sollte sich auch im Lehrer:innenzimmer erhalten bleiben. Hierfür sollte wertfrei ausprobiert werden dürfen, Ideen erhalten ihren Raum.
  4. Bunt, wild & wunderbar
    Diversität sollte nicht nur akzeptiert und respektiert werden, sondern Teil einer Schulkultur werden. Dazu müssen Diversität und Inklusion wie auch digitale Medien selbst permanent im Klassenraum wie im Lehrer:innenzimmer zum Thema gemacht werden. Welche Qualitäten hat der Einzelne? Welche Unterschiede finden wir in der Schülerschaft und im Kollegium? Was bedeutet soziale Ausgrenzung – auch im Netz? Wie kann ich Alltagsrassismus erkennen? Welche Potenziale erfahren wir durch die Diversität unserer Schule? Individuelle Entwicklungsgespräche, Kompetenzen, die sich an der individuellen Bezugsnorm orientieren und Inklusion als Thema – viele kleine Schritte führen zu einer diklusiven Schule.
  5. Erfahren & machen
    Das Lean-Konzept aus der Wirtschaft ist wohl ein Kreislauf, der immer wieder bereits Konzipiertes in den Blick nimmt. Wir müssen uns davon verabschieden, dass wir mit der Schulentwicklung einmal „fertig“ sind, dass Inklusion „umgesetzt“ worden ist und dass digitale Medien „implementiert“ worden sind. Die Schule befindet sich im ständigen Wandel unserer Zeit und wir können diesen Wandel nur aktiv erleben, wenn wir selbst agieren und interagieren, erproben, reflektieren, verwerfen und neu konzipieren. Eine diklusive Schule und damit auch eine diklusive Haltung entwickelt sich vor allem auch durch ein aktives Tun und ein aktives Miteinander.

„Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommel nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“  

Antoine de Saint Exupéry 

Der Vortrag

Die Powerpoint-Folien sind hier zum Download zu finden. Einen Dank an René für die wundervolle Moderation – es war mir eine Freude. Der Kaffee in Hamburg wird nachgeholt :). 

Auf der Webseite der ZEIT wird bald die Aufzeichnung zu sehen sein.

Literatur

•Schulz, Lea. 2021. «Diklusive Schulentwicklung. Erfahrungen und Erkenntnisse der digital-inklusiven Multiplikatorinnen- und Multipli-katorenausbildung in Schleswig-Holstein». MedienPädagogik 41, (Inklusive digitale Bildung), 32–54. https://doi.org/10.21240/mpaed/41/2021.02.03.X .

•Bremm, N. & Racherbäumer, K. (2020). Dimensionen der (Re-)Produktion von Bildungsbenachteiligung in sozialräumlich deprivierten Schulen im Kontext der Corona-Pandemie – In Fickermann, D. & Edelstein, B, [Hrsg.]: „Langsam vermisse ich die Schule …“. Schule während und nach der Corona-Pandemie. Münster; New York : Waxmann, S. 202-215. – (Die Deutsche Schule : Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Bildungspolitik und pädagogische Praxis. Beiheft; 16) – URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-202394 –

•Schiefner-Rohs, M. (2017). Medienbildung in der Schule. Blinde Flecken und Spannungsfelder in einer Kultur der Digitalität. Medienpädagogik 27, 153-172. URL: https://www.medienpaed.com/article/view/594 •Schulz, Lea. 2018. «Digitale Medien im Bereich Inklusion». In Basiswissen Lehrerbildung: Inklusion in Schule und Unterricht, Grundlagen in der Sonderpädagogik, herausgegeben von Birgit Lütje-Klose, Thomas Riecke-Baulecke, und Rolf Werning, 344–367. Seelze: Klett/Kallmeyer.

•Schulz, Lea. 2020. «DiKlusion». https://leaschulz.com/diklusion/.

•Schulz, Lea, und Thomas Beckermann. 2020. «Inklusive Medienbildung in der Schule. Neun Aspekte eines guten diklusiven Unterrichts». Computer und Unterricht (117): 4-8. •Schulz-Zander, Renate. 1999. «Neue Medien und Schulentwicklung». In Schulentwicklung und Schulqualität. Beiträge zur Bildungsforschung und Schulentwicklung, herausgegeben von Ernst Rösner, 35-56. Bd. 8. Dortmund: IFS-Verlag.

•Rolff, Hans-Günter. 2013. Schulentwicklung kompakt. Modelle, Instrumente, Perspektiven. Weinheim und Basel: Beltz. •Scheer, David. 2020. Schulleitung und Inklusion. Empirische Untersuchung zur Schulleitungsrolle im Kontext schulischer Inklusion. Wiesbaden: Springer VS https://doi.org/10.1007/978-3-658-27401-6 Titel anhand dieser DOI in Citavi-Projekt übernehmen.

•Lang-Wojtasik, Gregor, und Ralf Schieferdecker. 2016. «Von der Inklusion zur Heterogenität und wieder zurück. Grundlegende Begriffe und Zusammenhänge mit schultheoretischem Anspruch». In Gemeinschaftsschule als pädagogische und gesellschaftliche Herausforderung, herausgegeben von Gregor Lang-Wojtasik, Katja Kansteiner, und Jörg Stratmann. 71-82. Münster: Waxmann.

•Eickelmann, Birgit. 2010. «Digitale Medien in Schule und Unterricht erfolgreich implementieren. Eine empirische Analyse aus Sicht der Schulentwicklungsforschung». In Empirische Erziehungswissenschaft, herausgegeben von Rolf Becker, Sigrid Blömeke, Wilfried Bos, Hartmut Ditton, Cornelia Gräsel, Eckhard Klieme, Rainer Lehmann, Thomas Rauschenbach, Hans-Günther Rossbach, Knut Schwippert, Christian Tarnai, Rudolf Tippelt, Rainer Watermann, Horst Weishaupt, und Jürgen Zinnecker. Bd. 19. Münster: Waxmann.

•Eickelmann, Birgit, Wilfried Bos, Julia Gerick, Frank Goldhammer, Heike Schaumburg, Knut Schwippert, Martin Senkbeil, und Jan Vahrenhold, Hrsg. 2019. ICILS 2018 #Deutschland computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern im zweiten internationalen Vergleich und Kompetenzen im Bereich Computational Thinking. Münster: Waxmann Verlag. http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0111-pedocs-181664.

•Eickelmann, Birgit, Julia Gerick, und Mario Vennemann. 2019. «Unerwartet erfolgreiche Schulen im digitalen Zeitalter. Eine Analyse von Schulmerkmalen resilienter Schultypen auf Grundlage der IEA-Studie ICILS 2013». Journal for educational research online 11 (1): 118–44. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0111-pedocs-167909.

•Filk, Christian. 2019. «‹Onlife›-Partizipation für alle. Plädoyer für eine digital-inklusive Bildung». In Schule digital – wie geht das?, herausgegeben von Olaf-Axel Burow, 61-81. Weinheim: Beltz.

•Fischer, Christian. 2017. «Kompetenter Umgang mit Diversität und Inklusion. Anforderung an die Lehrerbildung im Kontext der Vielfalt von Begabungen, Beeinträchtigungen und Benachteiligungen». In Lehrerausbildung für Inklusion. Fragen und Konzepte zur Hochschulentwicklung, herausgegeben von Silvia Greiten, Georg Geber, Annika Gruhn und Manuela Köninger. S. 77-92. Münster: Waxmann.

•Buschhaus, Franziska, Katja Friedrich, Ilka Goetz, Lea Schulz, Daniel Staemmler, und Günther Thiele. 2013. «Neue Medien in der Pädagogik – Herausforderungen für eine nachhaltige Mediengrundbildung für pädagogische Fachkräfte». In Lernen in der digitalen Gesellschaft – offen, vernetzt und integrativ, herausgegeben von Luise Ludwig, Kristin Narr, Sabine Frank, und Daniel Staemmler, 37-59. Internet und Gesellschaft Co:llaboratory e.V. EPublikation.  http://dl.collaboratory.de/reports/Ini7_Lernen.pdf.

•Gerick: https://www.boell.de/de/2021/04/15/bildungsgerechtigkeit-in-einer-digitalisierten-welt?dimension1=ds_digitale-schule

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén