ein Beitrag von Lina Zachow
(Studierende der Europa-Universität Flensburg)

„Education is changing. Bring creativity to your classroom with Book Creator, the one app you need for any subject or grade level.”

Tools for Schools 2011-2019

Mit diesen Aussagen wird in ersten Ansätzen deutlich, welches Potential der Book Creator für den Schulalltag besitzt. Er bietet die Möglichkeit auf Apple Geräten oder über Online-Zugänge Bücher zu erstellen, die nur in seltensten Ausnahmefällen einem klassischen geschriebenen Roman ähneln. Es werden vielmehr digitale Portfolios, Gedichtsammlungen, wissenschaftliche Berichte oder Comics angefertigt (vgl. ebd.). Dabei spielt es keine Rolle, welches Fach oder welche Klassenstufe für eine derartige Arbeit ausgewählt werden. Sowohl Grundschüler*innen als auch Kinder und Jugendliche in der Sekundarstufe können sich in der Kombination von Text, Bild, Ton und Video kreativ ausprobieren.

Formatvorlagen: Es stehen verschiedene Formatvorlagen zur Auswahl.Seitenbearbeitung: Auf einer Seite lassen sich Text, Bild und Ton kombinieren.Bücherregal: Das Bücherregal gibt eine Übersicht der erstellten Bücher.

Der Book Creator leistet seinen Beitrag zu modernen Lehr- und Lernprozessen. In Zeiten einer sich entwickelnden Netzwerkgesellschaft, in der die Wissensvermittlung nicht mehr das alleinige Bildungsziel ist, werden Fähigkeiten wie die des 4K-Modells, Kreativität, kritisches Denken, Kollaboration und Kommunikation, immer häufiger gefordert (vgl. Muuss-Merholz 2017). Das Tool eignet sich diesbezüglich besonders für kollaborative Arbeitsaufträge. Durch den Austausch in der Gruppe und das gemeinsame Arbeiten an einem Thema werden Problemlösefähigkeit, Selbstständigkeit und Interaktion mit Gruppenmitgliedern entwickelt. Gemäß dem Ebenenmodell nach Schulz (vgl. 2018) ist der Book Creator auf der Ebene ,Lernen mit Medien‘ verortet. Auf der einen Seite kann er als Lernmittel individualisiertes Lernen ermöglichen, indem zum Beispiel bereits fertiggestellt Bücher zu Veranschaulichungszwecken genutzt werden. Auf der anderen Seite, die bisher verstärkt umschrieben wurde, ist der Book Creator ein Werkzeug im Unterricht, das in der Gruppe zum Beispiel für kreative Präsentationen und Textverarbeitungen eingesetzt werden kann.

Der Book Creator bietet einige Möglichkeiten für den Einsatz im diklusiven Unterricht. Mit dem Fokus auf individualisierten Lernprozessen kann in Klassen mit Kindern mit Migrationshintergrund und verschiedensten Beeinträchtigungen durch das Erstellen eines Buches die Heterogenität genutzt werden. Bei einem „About Me Book“ (Tools for Schools 2011-2019) bekommen beispielsweise alle Schüler*innen die Möglichkeit über sich selbst zu berichten. Mithilfe von reinen Bildercollagen ohne Text oder mit Büchern, die aus einer Menge an selbst gesprochenem Audiomaterial entstehen, können Kinder mit Sprach-, Seh- oder anderen Beeinträchtigungen auf ihre Weise ein Buch ,schreiben‘.

Wenn es sich um kollaborative Lernsettings handelt, können die Schüler*innen gemeinsam an einem Buch arbeiten. Gemäß den individuellen Fähigkeiten und Aufgabenstellungen, die von der Lehrkraft differenzierend angepasst werden, kann ein gemeinsames Buch erstellt werden. Hierbei sind die einzelnen Beiträge/Buchseiten entscheidend für das Ergebnis. Die geleistete Arbeit wird individuell bewertet.

Die Arbeit mit dem vorgestellten Tool hat eine Bedeutung für den diklusiven Unterricht. Es wird Inklusion ermöglicht, indem die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten für die Vielfalt an Beeinträchtigungen spezifisch genutzt wird. Ein Buch wird im Book Creator nicht nur mit Buchstaben, sondern vielmehr mit Bildern, Tönen und Videos ,geschrieben‘. Für individuelle Auffälligkeiten gibt es immer die Möglichkeit „[…]spezifische Seiten in ein vorbereitetes Buch [zu] intergrier[en]“ (Ruß 2014: 505), um ausgewählte Arbeitsschritte vorzubereiten oder zu entlasten.

Außerdem ist die Arbeit in der App flexibel und nicht in jedem Fall an Raum und Zeit gebunden. Für erkrankte Schüler*innen, die längerfristig nicht vor Ort sein können, ergibt sich die Möglichkeit weiterhin an Lernprozessen teilzuhaben.
Weiterhin können bereits in der Initiationsphase der Bucherstellung die authentischen Rahmenbedingungen für eine erhöhte Motivation sorgen. Mit dem Wissen über reale Leser*innengruppen, die möglicherweise weltweit auf die erstellten Seiten zugreifen möchten, steigt das Interesse der Kinder und das Gefühl als echte*r Schriftsteller*in aktiv zu werden (Tools for Schools 2011-2019). Diese verstärkten Motivationseffekte sind nicht nur für beeinträchtigte Kinder von Vorteil.
Das folgende Szenario dient als Beispiel für den Einsatz des Book Creators im Deutschunterricht der Primarstufe:

Für das Thema der Vorgangsbeschreibung, das in Klasse drei und vier behandelt werden kann, sollen die Schüler*innen mit dem Book Creator ein gemeinsames Rezeptbuch erstellen. Je nach Zeitpunkt der Bearbeitung können authentische Rezepte für die Weihnachtszeit, für Ostern oder beispielsweise Halloween zur Auswahl gestellt werden. Die Arbeit an einem Rezept findet in Kleingruppen statt, um die positiven Effekte des kollaborativen Tools zu nutzen. Dabei sind Absprachen mit der Lehrkraft über unverzichtbare Inhalte des Buches und die Kommunikation innerhalb der Gruppe über die Aufteilung einzelner Buchseiten und die thematische Gliederung obligatorisch. An dieser Stelle liegt es im Ermessen der Lehrkraft die notwendigen Hilfestellungen je nach Niveau der Gruppe einzuschätzen und variabel zu unterstützen. Im weiteren Verlauf können die Kinder dann selbstständig arbeiten und ihre Kreativität in Schrift, Bild, Ton und Video ausleben.

Die dargestellte Situation hat große Effekte auf die Inklusion von Kindern mit Beeinträchtigungen. Sie können unter gezielter Vorarbeit gleichermaßen an der Erstellung des Rezeptbuches teilhaben wie ihre Mitschüler*innen. Mithilfe von Vorlagen, die zum Beispiel eine visuelle Strukturierung der Buchseite oder Wortbausteine für die Beschreibung des Vorgangs anbieten, kann bereits eine starke Grundlage für selbstständiges Arbeiten gelegt werden (vgl. Korsgaard/Voldborg 2017: 53). Darüber hinaus ermöglicht die App mit der Kombination aus geschriebenem, gesprochenem oder bildhaftem Text einen „more full- registered – digital and multimodal – way of expressing“ (ebd.: 57). Vor allem die Kinder mit Beeinträchtigung können dadurch ihren persönlichen Weg der Kommunikation wählen. Sie empfinden sich als selbstwirksam und nehmen entsprechend ihrer Fähigkeiten am „multimodal production process“ (ebd.: 53) teil.

Quellen:

Korsgaard Sorensen, E./Voldborg Andersen, H. (2017): Strengthening inclusion of learners with attention difficulties through interventions with digital technology in processes of production. Abrufbar unter: https://www.degruyter.com/downloadpdf/j/eurodl.2017.20.issue-1/eurodl-2017-0003/eurodl-2017-0003.pdf (Zugriff: 24.02.2020)

Muuss-Merholz, Jöran (2017): Die 4K-Skills. Was meint Kreativität, kritisches Denken, Kollaboration, Kommunikation? Abrufbar unter: https://www.joeran.de/die-4k-skills-was-meint-kreativitaet-kritisches-denken-kollaboration-kommunikation/ (Zugriff: 24.02.2020).

Ruß, Marina (2014): Das iPad in der schulischen und sprachtherapeutischen Arbeit. Abrufbar unter: https://www.pedocs.de/volltexte/2016/11921/pdf/Russ_2014_Das_iPad_in_der_schulischen_und_sprachtherapeutischen_Arbeit.pdf (Zugriff: 24.02.2020)

Schulz, Dr. Lea (2018): Digitale Medien und Inklusion. Vielversprechende Möglichkeiten für den Unterricht. Abrufbar unter: https://grundschul-blog.de/digitale-medien-und-inklusion/ (Zugriff: 24.02.2020).

Tools for Schools (2011-2019): Book Creator. Abrufbar unter: https://bookcreator.com (Zugriff: 24.02.2020).