ein Beitrag von Geena Kunze
(Studierende der Europa-Universität Flensburg im Rahmen des Seminars #Diklusion)
Eine Augensteuerung ermöglicht es dem Nutzer nur mit Hilfe seiner Augenbewegungen einen Cursor über einen Bildschirm zu bewegen. Hierbei können Optionen je nach Modell entweder durch blinzeln oder durch das kurzweilige Verharren mit den Augen ausgewählt werden. Dieses Tool ist zur Unterstützung von Personen mit stark eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten gedacht. Insbesondere für Personen, die zusätzlich unter einer Kommunikationsstörung leiden, die es ihnen unmöglich macht, sich eigenständig zu verständigen, ist eine Augensteuerung eine große Chance sich am alltäglichen Leben beteiligen zu können.
Eine Augensteuerung besteht aus einer Infrarotkamera, die Lichtimpulse an die Augen sendet und wieder auffängt, um deren Position zu ermitteln, sowie einer zugehörigen Software, die, die von der Kamera aufgenommenen Bilder interpretiert und auf den Bildschirm überträgt. Das Gerät wird vor der ersten Benutzung, sowie in geringerem Maße auch vor jeder weiteren Nutzung mit Hilfe einer Feedbackbox, für optimale Übertragung, individuell auf den Nutzer kalibriert. Während der Kalibrierung verfolgt der zukünftige Nutzer einen Punkt oder Gegenstand auf dem Bildschirm, sodass das Gerät die genaue Stellung der Pupille auf dem Augapfel genau erfassen kann. Auf diese Weise orientiert sich das System im Folgenden an der eigentlichen Augenbewegung, sodass etwaige Kopfbewegung die Funktionalität nicht beeinträchtigen. Dies ist beispielsweise für Personen nützlich, die Schwierigkeiten haben, ihre (Kopf-) Bewegungen zu kontrollieren. Allerdings können Störungen in der Verarbeitung sowohl durch Sehhilfen als auch durch starkes natürliches Licht hervorgerufen werden.
Je nach Bedürfnissen des Nutzers kann die Schrift- und Spracheingabe variiert werden. Natürlich ist es möglich, dass zur Eingabe eine herkömmliche QWERTZ-Tastatur als Vorlage dient. Allerdings kann die Eingabe auch über die Auswahl von Symbolen erfolgen, die entweder nach Themen geordnet (Frühstück, Kleidung u.Ä.) gefunden und ausgewählt werden können oder auch nach Eingabe der Anfangsbuchstaben erscheinen. So können Augensteuerungen auch von Kindern oder Erwachsenen genutzt werden, die Schwierigkeiten mit der Umsetzung der Schriftsprache haben.
Die Augensteuerung ist nicht nur eine Bereicherung für den Alltag eines Kindes mit starken Einschränkungen in der Kommunikations- und Bewegungsfähigkeit, sondern auch im Schulunterricht. Es ist klar, dass ein Kind, welches sowohl in seiner Bewegung als auch in seiner Sprache stark eingeschränkt ist, ohne Hilfsmittel essentielle Probleme hat sich mitzuteilen. Das hat zum Beispiel zur Folge, dass es diesem Kind in der Schule nicht möglich ist, Nachfragen zu stellen, auf Fragen, sowohl von der Lehrkraft als auch von den Mitschülerinnen und Mitschülern, zu antworten oder sich in irgendeiner anderen Art und Weise in die Gespräche des Schulunterrichts und -alltags einzubringen. Mit einer Augensteuerung ist es dem Schüler oder der Schülerin hingegen möglich, sowohl am Unterrichtsgespräch als auch an einer Gruppenarbeit oder schlichtweg an einem Pausengespräch mit seinen Peers teilzunehmen. Durch diese und andere Arten der Kommunikation wird das Kind in den Schulalltag einbezogen und hat die Möglichkeit an Sozialkompetenz zu erwerben.
Natürlich ist die Möglichkeit der Sprache, wie sie von der Augensteuerung ermöglicht wird, nicht die Gleiche, wie sie ein gesundes Kind hat. Beispielsweise wirkt die Aussprache gestellt und die zusätzliche Eingabe sorgt für eine ungewohnte Verzögerung im Gespräch, dennoch wird durch die Augensteuerung Kommunikation überhaupt erst ermöglicht.
Die Kommunikationsfähigkeit aller Schülerinnen und Schüler ist außerdem eine Voraussetzung dafür, dass Ziele, wie sie in einigen Modellen, wie beispielsweise dem 4K-Modell, verfolgt werden, überhaupt umgesetzt werden können. Ohne die Möglichkeit der Kommunikation sind die Ks Kommunikation und Kollaboration nicht erreichbar. Es kann sogar gesagt werden, dass ohne Kommunikationsmöglichkeiten keine Bildungsprozesse angestoßen werden können.
Ein weiterer großer Faktor in der Schule ist der Schriftspracherwerb. Obwohl sich mit der Augensteuerung die handschriftliche Orthographie nicht äquivalent ersetzen lässt, ermöglichen Einstellungen, in denen getippt wird und bildunterstützte Wortvorschläge gegeben werden zumindest einen generellen Erwerb der Schriftsprache und das sogar Schritt für Schritt. Eine Tastatur, die alphabetisch geordnet ist und unterstützende Tierbildchen beinhaltet, erinnert stark an Buchstabenlernhilfen, wie sie häufig in Grundschulklassen an der Wand angebracht werden. Dennoch ist es notwendig, dass dem Nutzer bzw. der Nutzerin der Augensteuerung individuell angepasste Lernangebote an die Hand zu geben.
Es ist außerdem möglich unterschiedliche Apps auf die Festplatte des Gerätes zu laden, mit deren Hilfe das Lernen und Arbeiten in der Schule verbessert werden kann. Allerdings gibt es in diesem Bereich noch nicht viele Angebote.
Ich denke, dass das auch die Augensteuerung, genauso wie andere digitale Hilfsmittel, in der Zukunft weiter verbessert werden wird. Zum Beispiel könnte die Eingabe noch weiter optimiert werden, sodass eine flüssigere Kommunikation möglich wird und noch weniger Störungen als bisher auftreten. Allerdings ist es vor allem wichtig in Zukunft weiter und besser über Möglichkeiten der Inklusion zu informieren, sodass diese Art von Angeboten im Allgemeinen noch mehr genutzt werden können und in gewisser Weise soweit an Normalität gewinnen, dass auch Personen, die derlei Unterstützung nicht benötigen, ihr Vorhandensein nicht mehr als seltsam erachten.
Anmerkung der Seiteninhaberin:
Die Augensteuerung ist auch mit dem iPad oder iPhone möglich. Ein Beispiele für eine integrierte Hülle mit Augensteuerung findet sich beim Unternehmen humanelektronik. Verschiedene Apps sind bereits für die Augensteuerung auf dem Markt, z.B. I have voice.
Literatur
Kollak, Ingrid, Claudia Nuß, Maxine Saborowski. Handreichung Augensteuerung – Hilfestellung für Vorüberlegungen, Planung und Einsatz einer Augensteuerung in der Unterstützten Kommunikation
Peter, Danja. (2017). Mit den Augen kommunizieren – Anschaffung und erste Nutzung eines augengesteuerten Sprachcomputers. Zürich.
Unterrichten.digital (August 2019). „SAMR Modell/ 4K/ MiFd – 3 Modelle zur Erklärung von Digitalisierung in der Schule“.
Tobii. RehaMedia, Eyetracking (letzter Zugriff: August 2020)