Digital-inklusiver Unterricht im Flipped-Classroom

ein Beitrag von einem anonymen Autor, Student der Europa-Universität Flensburg (Veröffentlichung ist durch den Autor genehmigt)

Traditional Classroom vs. Flipped Classroom
Traditional Classroom vs. Flipped Classroom

Der Ansatz des Flipped Classrooms dreht das Konzept des traditionellen Unterrichts um. Das heißt, dass die Schülerinnen und Schüler die Inhalte zuhause vorbereiten, welche ansonsten von der Lehrkraft im Rahmen der Einführung und Erklärung im Unterricht vermittelt würden (Werner, et al., 2018, S. 13). Daraus resultiert eine effektivere Nutzung der Präsenzzeit im Unterricht, in welcher die Schülerinnen und Schüler zusammenkommen, „[…] um dort anhand von gemeinsamen Aufgaben das zu Hause Vorbereitete anzuwenden, zu üben, zu diskutieren oder zu hinterfragen.“ (ebd., S. 13). Im Mittelpunkt steht beim Flipped Classroom eine starke Schülerzentrierung, so dass in der Präsenzzeit eine „[v]ertiefte und erweiterte Auseinandersetzung mit den Inhalten“ (Nimmerfroh, 2016) möglich wird. Des Weiteren soll die Präsenzzeit vor allem für „[…] Zusammenarbeit und die gegenseitige Hilfe und Unterstützung.“ (Werner, et al., 2018, S. 13-14) genutzt werden. Dabei wird sowohl bei der Vorbereitung zuhause als auch bei der Erarbeitung im Unterricht ein selbstbestimmtes Lernen im eigenen Tempo fokussiert (Nimmerfroh, 2016, S. 2-3; Ebel, 2018, S. 19-20). Im Zuge der Verschiebung zu einer starken Schülerzentrierung verändert sich die Rolle der Lehrkraft dahin, dass diese im Unterricht Hilfe anbietet, individuell fördert und persönliche Rückmeldungen gibt (ebd., S. 14).

Komplementär zum Ansatz des Flipped Classrooms findet sich der Einsatz von digitalen Medien und Technologien. Dies ist keine explizite Voraussetzung für das Gelingen der Methode, vereinfacht jedoch deren Umsetzung (Werner, et al., 2018, S. 14). Das Anwendungsfeld erstreckt sich dabei von Kommunikationsmedien, die eine Zusammenarbeit auch schon bei der Vorbereitung zuhause ermöglichen, über Erklär- bzw. Lern-Videos, die Sachverhalte und Prozesse abbilden und erläutern, hin zur Möglichkeit Materialien digital bereitzustellen und auszutauschen (ebd., S. 14).

Im Rahmen des inklusiven Unterrichts lässt sich der Ansatz des Flipped Classrooms sehr gut einsetzen, da durch die Verschiebung in der Nutzung der Unterrichtszeit Freiräume für eine individuelle Förderung entstehen (Ebel, 2018, S. 19). Die Schülerinnen und Schüler können die Inhalte zudem im eigenen Tempo erarbeiten (Nimmerfroh, 2016, S. 2-3; von Amsberg, 2018, S. 133-134). Der Einsatz weiterer geeigneter digitaler Medien und Hilfsmittel kann darüber hinaus die individuelle Bearbeitung unterstützen. Vor allem Erklär- bzw. Lern-Videos sind hierbei zentral, da die Schülerinnen und Schüler diese nach Belieben oft anschauen und auch anhalten können (von Amsberg, 2018, S. 133-134). Videos eignen sich besonders für die Vorbereitung, „weil diese Prozesse besser abbilden können als Texte“ (Werner, et al., 2018, S. 14) und man mit ihnen sehr gut Funktionen von etwas zeigen kann (ebd., S.14). Weitere Möglichkeiten sind das Integrieren von digitalen Hilfsangeboten auf den Arbeitsbögen in Form von QR-Codes, die nach individuellem Bedarf genutzt werden können und zum Beispiel zu Tipps oder Hilfetexten führen (von Amsberg, 2018, S. 134). Mit dieser Methode können auch weitere Hilfsangebote wie auch Videos und/oder Audio-Dateien bereitgestellt werden, so dass „Hilfe […] personenunabhängig jederzeit zur Verfügung“ (ebd., S.134) steht und auch in der Vorbereitung zuhause effektiv genutzt werden kann. So wird ein großer Schritt in Richtung Teilhabe getan, da ein differenzierter Unterricht möglich wird und Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf durch die unterschiedlichen Unterstützungen individuelle Lernfortschritte machen und sich aktiv an der Unterrichtszeit, zum Beispiel an Unterrichtsgesprächen, teilnehmen können (ebd., S. 134).

Im Falle der QR-Codes sind die eingesetzten Tools entweder schon auf mobilen Endgeräten vorinstalliert oder kostenfrei herunterladbar. Des Weiteren ist der Einsatz von nicht vorinstallierten Tools im Bereich von beispielsweise Etherpads, Stop Motion Studio, My simple Show oder Kahoot! sehr gut vorstellbar, welche für die Kollaboration, die Darstellung von Ergebnissen aus der Erarbeitung, als auch die weitere Einbindung des Plenums in einem Quiz kreativ genutzt werden können.

Ich denke, dass der Ansatz des Flipped Classrooms vor allem dabei hilft den Fokus bewusst auf eine starke Schülerzentrierung zu legen, da dieser leicht durch die eigene Begeisterung für die Fachinhalte in den Hintergrund geraten kann. Durch die vorausgehende methodische Umgestaltung der Inhalte bietet sich, anschließend an die allgemeine Schülerzentrierung, die Chance einen guten Weg zu finden, um den Unterricht weiter zu individualisieren und inklusiv zu gestalten.

Quellen

Ebel, C. (2018). Der Flipped Classroom als Impuls für Schul- und Unterrichtsentwicklung. In:

Flipped Classroom Zeit für deinen Unterricht. Praxisbeispiele, Erfahrungen und Handlungsempfehlungen, S. 19-20. Julia Werner, Christian Ebel, Christian Spannagel, Stephan Bayer (Hrsg.), Bielefeld

Nimmerfroh, M.-C. (2016). Flipped Classroom. Der DIE-Wissensbaustein für die Praxis. wb- web (Hrsg.), Bonn

von Amsberg, M. (2018). Flipped Classroom im Deutschunterricht unter inklusiven Aspekten. In: Flipped Classroom Zeit für deinen Unterricht. Praxisbeispiele, Erfahrungen und Handlungsempfehlungen, S. 129-139. Julia Werner, Christian Ebel, Christian Spannagel, Stephan Bayer (Hrsg.), Bielefeld

Werner, J., Ebel, C., Spannagel, C., & Bayer, S. (2018). Flipped Classroom – Zeit für deinen Unterricht. Flipped Classroom Zeit für deinen Unterricht. Praxisbeispiele, Erfahrungen und Handlungsempfehlungen, S. 13-16. Julia Werner, Christian Ebel, Christian Spannagel, Stephan Bayer (Hrsg.), Bielefeld

Abbildung

AJC1. Flipped Classroom. von: commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=63464282 ; CC BY-SA 2.0